Der Sonnenberg wurde im Zuge der Industrialisierung im 19 Jahrhundert als Wohnviertel für die immer stärker nach Chemnitz strömenden Arbeiter*innen errichtet. Chemnitz war durch die zahlreichen Fabriken eine der reichsten Industriestädte Europas. Die Arbeiter*innen im Stadtteil haben davon allerdings nicht profitiert. Es lebten bis zu 150 Menschen in einem Haus unter sehr schlechten Bedingungen. Soziale und hygienische Probleme brachten dem Stadtteil schnell einen schlechten Ruf ein. Gleichzeitig war er dank einer Vielzahl von Kinos, Theatern und Ballhäusern sehr lebendig. Der Sonnenberg gilt in der Wahrnehmung immer noch als der sozial schwache Teil der Stadt, ein Stigma, was ihm seit Jahrzehnten anhaftet. Gleichsam herrscht hier der jüngste Altersdurchschnitt der Stadt. Ein Ort, an dem Vielfalt und damit verbundene Toleranz eine große Rolle spielen. Durch sein Stigma standen hier seit dem Wegzug von zehntausenden Menschen nach der Wende in den 90er Jahren zahlreiche Häuser leer.
Freiräume die sich der Klub Solitaer e. V. angeeignet hat und mit kulturellem Leben füllt. In den letzten neun Jahren hat die Gegend durch private und öffentliche Initiativen eine sehr positive Entwicklung erfahren. Kultureinrichtungen des Vereins wie das LOKOMOV, die Galerie HINTEN, die OFF-Bühne KOMPLEX, die Atelierhäuser und Werkstätten, sowie weitere Initiativen wie das Nikola Tesla, das Kaffeesatz, der Nachbarschaftsgarten Zietenaugust tragen wesentlich zur Belebung des Areals bei.
Der erste Schritt zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung ist geschehen, was sich nicht zuletzt an der steigenden Bewohnerzahl bemerkbar macht. Mittlerweile ist der Stadtteil auch wieder in das Blickfeld der Stadtverwaltung gerückt, die auf eine Aufwertung des Quartiers durch die sich etablierende Kultur- und Kreativwirtschaft setzt. Mit der Aufwertung, steigendem Zuzug und entsprechenden Mietpreisentwicklungen deuten sich bereits zukünftige Themenfelder wie Verdrängung und Immobilienspekulation an.
Ebenfalls war das Viertel aufgrund rechtsradikaler Untergrundstrukturen in den überregionalen Schlagzeilen. Das sogenannte Rechte Plenum versuchte sich mit gewaltsamen Einschüchterungen und medialer Präsenz den Stadtteil anzueignen. Jene positiven und negativen Entwicklungen waren möglich, da der Sonnenberg für mehrere Jahre eine von der Stadtverwaltung scheinbar vernachlässigte Zone darstellte. Durch die fehlenden Perspektiven für das Gebiet seitens der Verwaltung und der Immobilienwirtschaft ist eine Nische entstanden, die nicht nur von den Rechten, sondern auch von diversen liberalen Kulturakteuren genutzt wurde.
Um diese entstandene Leerstelle auf dem Sonnenberg tobt kein Straßenkampf, wie es bisweilen in Presseberichten erscheinen mag. Das Viertel präsentiert sich zumeist sehr harmonisch. Doch es besteht immerhin ein Wettbewerb um die Deutungshoheit des Kiezes. Der Klub Solitaer e. V. betrachtet Kunst und Kultur im gesellschaftspolitischen Kontext.
Das vielfältige kulturelle Angebot des Vereins spielt sich nicht nur an einem Ort ab, sondern wirkt dezentral in den Stadtteil hinein. Der öffentliche Raum wird somit belebt und erprobt. Urbanität lässt sich nicht erzwingen – sie wächst aus dem unbestimmten – dort wo niemand es behördlich vorgesehen hat. Darin liegt auch jetzt noch das große Potential des südlichen Sonnenberg. Hier kann sich die Stadt von unten entwickeln.